Während es Petrus gestern noch aus Kübeln regnen liess, zeigte er heute Morgen viel Verständnis für seine Jünger. Wie bestellt liess er die mit frischem Schnee gepuderten Gipfel schon frühmorgens in schönstem Sonnenlicht erscheinen. Auch wenn mehrere räuberische Kormorane, gut sichtbar vor dem Hintergrund der weissen Pracht, das Tal hinauf flogen, liessen sich die Fischer die tolle Morgenstimmung nicht vermiesen.
Meine ersten Würfe mit Wobbler machte ich an der noch leicht trüben Rhone bei Turtmann. Leider hatte ich keinen Erfolg. Ähnlich erging es auch dem älteren Fischer aus Genf, der am ersten Tag der Walliser Fischerei schon seit vielen Jahren immer genau hier, beim Einlauf der Turtmänna, anzutreffen ist. "Ob ihn wohl die Erinnerung an eine Rhone-Schönheit immer wieder hierher zurück führt?", frage ich mich.
Zusammen mit meinem Freund fahre ich weiter Richtung Russenkanal, wo dieses Jahr eine neue Schonstrecke eingerichtet wurde. Wir sehen fast keine Fische und können nach vielen Würfen bloss zwei kleine Bachforellen landen. Dank Einzelhaken an unseren Wobblern können sie schonend zurück gesetzt werden. "Was hat sich da bloss bewegt?", denke ich still zu mir. Mein Freund hebt einen Stein auf und wir sehen eine Groppe, die sich darunter versteckt hat. Als wie sie es geniessen wollte, setzt sie sich für ein paar Fotos wunderschön in Pose.
Weil sich die Fische auch im Russenkanal nur sehr spärlich zeigen, beschliessen wir, an die kleine Rhone im Pfynwald, unterhalb von Susten zu fahren. Am Wasser hat es viele Fischer. Einige stehen schon in kleinen Gruppen zusammen, trinken das erste Glas Weisswein und diskutieren über ihre Fänge. Unsere Fischerkollegen aus dem Weindorf Varen bieten uns spontan ein Glas an, dass ich dankend annehme. Kaum angestossen, sehe ich auf der anderen Flussseite einen Fischer, der eine Forelle gehakt hat. Die Rute biegt sich stark. Ganz vorsichtig zieht der Fischer den Fisch aus der Strömung ans Ufer und landet ihn geschickt mit dem Kescher. Ich rufe dem Fischer zu, ob ich ein Foto machen darf und er willigt stolz ein. Als ich bei ihm bin, erkenne ich ihn erst. Es ist Didier Plaschy, ehemaliger Weltcup-Skirennfahrer. Ich mache schnell ein paar Fotos von der frisch besetzten Bachforelle und ihrem glücklichen Fänger. Didier fischt zu meinem Erstaunen mit einer sehr leichten Rute und Tenkara-System. Bei dieser, aus Japan stammenden, Art von Fliegenfischen wird eine einfache Rute ohne Rolle und immer gleich langer Schnur eingesetzt. Dass dieses System auch in grösseren Bächen gut funktioniert, hat Didier an diesem Eröffnungstag mit mehreren Fängen eindrücklich gezeigt. Ich kehre zurück zu meinen Fischerkollegen aus Varen und geniesse bei herrlichem Sonnenschein und angeregten Diskussionen noch ein Glas Weisswein. Leider muss ich mittags wieder zu Hause sein. Im Auto höre ich laut Musik und singe aus Freude an diesen wunderschönen Morgen laut mit. Hoffentlich hat's keiner gehört.
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